Freitag, 26. Februar 2016

2. Die Gemeinde – wer ist das?

Übersicht:
2.1 "Gemeinde" in der Bibel
2.2 Freiheit eines Christenmenschen
2.3 Kirche heute
2.4 Kirchengemeinde und Demokratie

Im letzten Gemeindebrief beantwortete ich die Frage eines Gemeindemitglieds im Kölner Stadtanzeiger/Leverkusener Anzeiger „Wer ist das Oberhaupt unserer Kirche?“. Ich hoffe, diese Frage beantwortet zu haben. Heute wende ich mich einer anderen Frage zu. In Leserbriefen und Zeitungsberichten wurde im letzten Halbjahr viel von unserer Evangelischen Johanneskirchengemeinde Leverkusen-Manfort gesprochen, nicht immer mit diesem vollen Namen – meist ging es um „die Gemeinde“.

2.1 „Gemeinde“ in der Bibel

Jesus selbst spricht von seiner Gemeinde und meint damit die weltweite Gemeinde aller Glaubenden, die seinem Ruf folgen (Mt. 16,18). Dann aber spricht er von der Gemeinde im Sinne einer Ortsgemeinde (Mt. 18,17). Der Apostel Paulus spricht von der Gemeinde als einer Hausgemeinde (Röm. 16,5; 1. Kor. 16,19). In der Apostelgeschichte wird von der ersten Gemeinde gesprochen. In seiner Pfingstpredigt hatte der Apostel Paulus gesagt: „So wisse nun das ganze Haus Israel gewiß, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn und Christus gemacht hat.“ Die Zuhörer fragen die Apostel, was sie denn tun sollen. Petrus sagt ihnen, sie sollten sich taufen lassen. Später heißt es dann, „Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.“ Der Bericht endet mit folgenden Sätzen: „Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk. Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.“ (Apg. 2,36, 38, 42, 46 f). Nach diesen Zeugnissen ist die Gemeinde einmal die weltweite Gemeinschaft der an Jesus Christus Glaubenden, zum anderen die Gemeinschaft derer, die sich in diesem Glauben im Tempel versammeln und schließlich die, die sich in den Häusern einzelner Glaubensgeschwister treffen und beten und das Abendmahl feiern.

Die ersten Christen hielten sich an die jüdischen Gemeinden, trafen sich in den Synagogen – und wurden von Außenstehenden oft für eine jüdische Sekte gehalten. Das ist lange her. Es ist seither viel geschehen. Für unsere Zwecke will ich nur an die beiden Ereignisse erinnern, von denen ich im letzten Gemeindebrief sprach, der Reformation (Martin Luther) und der Aufklärung (Immanuel Kant).

2.2 Freiheit eines Christenmenschen

Martin Luther sprach von der Freiheit eines Christenmenschen (1520) und versicherte; Jesus Christus habe uns frei gemacht von der Sünde und von unserer Entfernung zu Gott. Sind wir aber frei vor Gott, dann sind wir erst recht frei vor den Menschen. Zugleich betont er die Bindung des Christen an das dreifache Liebesgebot (gegenüber Gott, gegenüber unserem Nächsten und gegenüber unseren Feinden, Mt. 22,37-40, Mk. 12,28-32, Lk. 10,25-28 und Mt. 5,43-47) und dass wir allen dienen soweit wir können. Immanuel Kant ruft den Menschen zu: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ (1784).

2.3 Kirche heute

Das „Grundgesetz“ unserer Landeskirche, der Evangelischen Kirche im Rheinland – EKiR -, die Kirchenordnung – KO – geht im Kern auf diese Wurzeln zurück. Im Artikel 1 KO heißt es unter anderem „Gebunden an Jesus Christus, den Herrn unserer Kirche, und in der darin begründeten Freiheit erfüllt die EKiR ihre Aufgaben, wacht über die Lehre, gibt sich ihre Ordnungen und überträgt Ämter und Dienste. …. Sie trägt die Verantwortung für die lautere Verkündigung des Wortes Gottes und für die rechte Verwaltung der Sakramente, stärkt die Mitglieder für ein christliches Leben, ermutigt sie, ihre unterschiedlichen Gaben einzubringen und fördert das Zusammenleben der verschiedenen Gruppierungen. Sie hat darüber hinaus den Auftrag zur Seelsorge, zur Diakonie, zum missionarischen Dienst, zur Förderung der Kirchenmusik und zur christlichen Erziehung und Bildung.“ Dieser umfassende Auftrag gilt für die kleinste Gemeinde der EKiR ebenso wie für die Kirchenkreise und die Landeskirche selbst.

Die Gemeinde in der EKiR ist die Gemeinschaft ihrer Mitglieder in einem bestimmten Gebiet („Ortsgemeinde“, Art. 5 KO). Mitglieder der Kirchengemeinde sind alle in ihrem Bereich Wohnenden, die in einem evangelischen Bekenntnis getauft oder in sie aufgenommen worden sind, mit wenigen Ausnahmen (Art. 13 KO). Damit ist geklärt, unsere Kirchengemeinde ist eine Ortsgemeinde, zu der alle getauften Christen gehören, die in ihren Grenzen leben. Was sind die Grenzen unserer Gemeinde? In groben Zügen kann man sagen: Im Süden die Stadtgrenze zu Köln, im Westen die Autobahn A3, im Norden die Südgrenze von Schlebuschrath bis zur Güterbahnstrecke Morsbroich, im Osten entlang der Güterbahnstrecke bis zur Gustav-Heinemann-Straße, von dort entlang der Paracelsusstraße und dem Alten Grenzweg und Dünnwalder Grenzweg bis zur Stadtgrenze Köln. Damit ist die Johanneskirchengemeinde Leverkusen-Manfort umfassend beschrieben.

2.4 Kirchengemeinde und Demokratie

Wie aber steht es mit der so oft zitierten Demokratie in der Gemeinde? Sie beginnt bei den Gemeindemitgliedern. Sie tragen die Mitverantwortung für das Leben und den Dienst der Kirchengemeinde. Sie sind im Rahmen der KO an den Entscheidungen über Leben und Dienst beteiligt – Art. 14 KO -. Wie aber geschieht das? Zunächst hat jeder Konfirmierte das Wahlrecht, genauer ab 16 Jahre. Er kann das Presbyterium seiner Gemeinde wählen, gewählt werden dagegen kann er erst mit 18 Jahren. Gewählt wird aber nur in vierjährigem Abstand. Anders steht es mit der Gemeindeversammlung (Art. 35, Abs. 4 KO). Gemeindemitglieder und die Mitarbeitenden der Gemeinde bilden die Gemeindeversammlung, die vom Presbyterium jährlich mindestens einmal zu einer Versammlung einzuladen ist. In dieser Versammlung wird über die Arbeit der Kirchengemeinde sowie über die Gesamtlage der Kirche berichtet und beraten. Im einzelnen werden in der Gemeindeversammlung beraten Fragen der Gottesdienste, die Gesamtkonzeption gemeindlicher Aufgaben, Bauvorhaben, die Planung gemeindlicher Einrichtungen, bestimmte Planungen, die die Zukunft der Gemeinde betreffen und Fragen der Pfarrstellenbesetzung. Die Ergebnisse der Beratungen in der Gemeindeversammlung sind in einem Protokoll festzuhalten.

Das Presbyterium hat darüber zu beraten und die Gemeinde in geeigneter Weise über seine Entscheidungen zu unterrichten – Art. 35 KO -. Wir sehen, entscheiden kann die Gemeindeversammlung nicht. Das ist Aufgabe des Presbyteriums. Aber die Gemeindeversammlung kann zu einem Forum der Gemeinde werden, auf dem alle miteinander sprechen können – auch mit den Mitarbeitern. Hier ist der Ort, wo man Sorgen, Kritik, Hinweise und Anregungen äußern kann, die das Presbyterium zur Kenntnis nehmen muss. Eine Ausnahme gibt es jedoch: Wenn es um Personalien geht, dann sollte sich das Gemeindemitglied an einen Presbyter persönlich wenden. Personalien sind nicht geeignet für die Erörterung in der Gemeindeversammlung, zum Schutz aller Beteiligten – auch der Gemeinde selbst.

Soweit die Rechtslage. Die demokratische Mitwirkung des einzelnen Gemeindemitglieds geschieht einmal durch demokratische Wahlen und durch die Beteiligung an den Erörterungen in der Gemeindeversammlung. Für manche ist unbefriedigend, dass die Gemeindeversammlung kein Beschlußrecht hat. Ihre Beschlüsse haben keine Gestaltungskraft. Das hat aber seine Gründe. Der Personenkreis der Gemeindeversammlung läßt sich nicht abschließend bestimmen. Deshalb ist das einzige Beschlußorgan der Gemeinde das Presbyterium.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen